Theatersuche >
![]() ![]() Theaterfestivals Mehrspartenfestivals Theatertage/nächte Theatergemeinden Theaterpässe Theaterlexikon Branchen / Firmen ![]() Historisches Einladung Karten-Online-Shop Theater-Tickets Theaterverzeichnis '99 ![]() Stellenmarkt Institutionen / Verbände Linkliste Infos und Anmeldung ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Presse zu Ihren Favoriten Jubiläum / Grußworte AGB Impressum Hilfe ![]() ![]() |
Klassische Rebellion, Amokläufer und die Suche nach Gemeinschaft - die Spielzeit 2011 / 2012
Das Theater von heute steht vor schwierigen Aufgaben. Es
soll Spiegel der Gesellschaft sein, doch so schnell wie
diese von einer Krise in die nächste stürzt, kann es schnell
zum Zerrspiegel werden. Immer wieder neu stellt sich die Frage:
Haben die Klassiker bereits alles gesagt und müssen nur ernst
genug genommen werden, oder braucht es neue Formen und Mut
zum Experiment? Ein Blick in die Spielpläne der deutschen
Theater liefert die einzig mögliche Antwort: Beides.
Rebellisches Theater im Kleist-JahrKleist war der Rebell unter den klassischen Dramatikern, und mit seinem spektakulären Selbstmord käme er heute Kultfiguren der Popszene gleich. Im Kleistjahr zu seinem zweihundertsten Todestag finden sich zahlreiche Neuinterpretationen des früh verstorbenen Dichters. Am entschiedensten hat das Maxim-Gorki-Theater Berlin reagiert. Zum Kleistfestival im November zeigt es sämtliche Kleiststücke innerhalb von zwei Wochen - ein Unterfangen, das bis dato noch nie ein Theater gewagt hat. Die Vorschau lässt einen kraftvollen, frischen Umgang mit Texten erwarten, die bis heute aktuell sind, weil sie einfach gut sind. Das wohl experimentellste Projekt kommt vom Rimini-Protokoll, das sich mit anderen Theaterinitiativen zusammengeschlossen hat, um Kleists Sprache in aktualpolitische Konflikte zu transferieren. In "Hermanns Battle" treten extreme Protagonisten der Moderne auf, etwa eine Überlebende aus Srebrenica, eine facebook-Revoultionärin und ein Computer-Hacker. Sie sprechen aus ihrer Situation heraus Kleist-Texte und erobern der Sprache des Dichters damit einen brandaktuellen Bezug.
Alle Veranstaltungen zum Kleistjahr:
Klassiker in der AchtstundenschichtNeben Kleist sind auch viele andere Klassiker in dieser Spielzeit wieder gut vertreten. Einen Theaterspielplan ohne Schiller, Büchner oder Hauptmann findet man kaum. Anton Tschechow und Henrik Ibsen sind noch immer die Dauerbrenner auf deutschen Bühnen. Spektakulär ist der Theatermarathon Faust I+II im Thalia Theater Hamburg. Nach Peter Stein hat sich nun auch Regisseur Nicolas Stemann an eine Aufführung des vollständigen Fausttextes von Goethe herangewagt. Acht Stunden Theatererlebnis erwarten den Zuschauer. Die Kritiken nach der Premiere Ende September sind euphorisch und versprechen, dass trotz der langen "Schicht" niemals Langeweile aufkommt. Dazu tragen neben hervorragenden Darstellern auch multimediale Inszenierungsmittel bei. Dramatisierung von Filmen und Büchern
Was vor einigen Jahren begonnen hat und von
Theaterfundamentalisten eifersüchtig beschimpft
wurde, setzt sich als Trend immer mehr durch.
Anstatt vorhandene Theatertexte auf der Bühne umzusetzen,
werden Film- und Buchstoffe bühnenreif gemacht. Man mag darüber
denken, was man will, aber wer es schafft, Menschen aus dem
Kinosessel heraus ins Theater zu locken, hat der Popularität
des Theaters sicher nicht geschadet.
Dabei finden die Theater gerade in älteren Filmstoffen Geschichten von
verblüffender Aktualität.
"Der große Gatsby", die berühmte
Geschichte um Reichtum und moralischen Verfall, kam zum ersten
Mal 1925 auf die Kinoleinwände Amerikas und wird derzeit an
mehreren Theatern Deutschlands als Adaption aufgeführt.
Im Schauspielhaus Hamburg wird die Theaterfassung der
jungen Dramtikerin Rebekka Kricheldorf gelobt, die
vom ebenfalls noch recht jungen Regisseur Markus
Heinzelmann umgesetzt wurde. Beide sind eigentlich am
Theaterhaus Jena tätig.
Im Deutschen Theater Berlin wurde ein Romanstoff
aus den Fünfziger Jahren wiederentdeckt, um sich mit den
Moralfragen der heutigen Zeit auseinanderzusetzen.
"Capitalista, Baby" inszeniert Texte der russischstämmigen
Amerikanerin Ayn Rand, geb. 1905, die hierzulande kaum bekannt
ist, in den USA jedoch zu den meistverkauften Schriftstellern
ihrer Zeit gehörte. Ihre radikalen Ansichten zur Befreiung des
Individuums und die absolute Verurteilung von staatlicher Macht
sind heutzutage Zündstoff für jede politische Diskussion.
Moralverfall und die Radikalisierung des Individuums sind
auch Thema des Bühnenstücks
"Fahr zur Hölle, Ingo Sachs",
das als Adaption des Filmklassikers "Ein Mann sieht rot" (1974)
entstanden ist. Hier hat sich das Studio Braun (
siehe unten: Theaterkollektive) an die Arbeit gemacht,
um die vieldiskutierte Geschichte über einen Amoklauf der
Selbstjustiz ins Theater zu bringen. Die Macher bekennen
sich öffentlich zu ihrer Verehrung für den Schauspieler Charles
Bronson, der mit seinem Filmtext "Das Gesetz bin ich." zu
Weltruhm gelangte. Reminiszenzen an die Kinovorlage dürfen
zu erwarten sein. Ganz anders gerät die Darstellung subjektiver Kräfte, wenn ein brandaktueller Roman für die Bühne adaptiert wird. "Karte und Gebiet" des französischen Erfolgsschriftstellers Michel Houllebecq ist gerade erst 2011 auf deutsch erschienen und hat schon diesen Herbst im Düsseldorfer Schauspiel Premiere. Hier ist nicht der Sieg des Individuums Thema, sondern die verschiedenen Formen seines Scheiterns - die absolute Zuspitzung: Der Tod des Autors innerhalb seines eigenen Stückes. Mit multimedialer Technik und guten Schauspielern vom Hausregisseur Falk Richter in Szene gesetzt, darf das Publikum anspruchsvolle Unterhaltung und Stoff zum Nachdenken erwarten. Junge Talente
Ändern sich die Verhältnisse in rasantem Tempo, sollte die
Sichtweise der jungen Generation umso stärker befragt werden.
Die Förderung des Theaternachwuchses ist zur Notwendigkeit
geworden, die kaum noch außer Frage steht. Einige deutsche Theater
sind in diesem Punkt echte Vorreiter.
Kaum eine Bühne hat so viele zeitgenössische und Nachwuchsautoren im
Programm wie das Residenztheater München. Hier darf man sich in
der aktuellen Spielzeit u.a. auf neue Stücke von Kathrin Röggla
und Helmut Krausser freuen, ein bisher ungespielter Text von Franz
Xaver Kroetz wird erstmals inszeniert, hinzu kommen mehrere
deutschsprachige Uraufführungen internationaler Nachwuchsdramatiker.
Das Schauspielhaus Frankfurt ist zwar nicht ganz so aktiv in der
Förderung junger Dramatik, dafür gibt es jungen Regisseuren eine
Plattform. Unter dem Jahresmotto "Sein und Haben" werden Vertreter
der jüngeren Regiegeneration ans Frankfurter Haus verpflichtet, um
ältere und klassische Stoffe in moderne Formen zu bringen. Dass
dieses Konzept des Intendanten Oliver Reese aufgeht, beweisen die
Zuschauerzahlen, die seit dem Beginn seiner Amtszeit deutlich und
stetig steigen.
Der beste Entwicklungsmotor ist der Blick über den eigenen
Tellerrand, nach diesem Motto agiert die
Schaubühne Berlin
schon seit einigen Jahren und ist stolz darauf, Deutschlands
fleißigstes Tourneetheater zu sein. Kein anderes wird so oft
zu internationalen Theaterfestivals eingeladen. Im Gegenzug
organisiert das Haus nun selbst eine Werkschau neuer Stücke
aus aller Welt. Unter dem programmatischen Titel
F.I.N.D. werden 2012 zum zweiten
Mal Uraufführungen aus verschiedensten
Ländern gezeigt. Ein Angebot der kulturellen Vielfalt, in dem
wohl jeder Besucher sein persönliches Lieblingsstück finden dürfte. Theater als Frage- und Infragesteller
Die Kunst der Auseinandersetzung beginnt mit der richtigen
Frage. Hier kann man vom heutigen Theater viel Anregung
bekommen. Manche Theaterstücke zielen ganz darauf ab, scheinbar
Bekanntes auf den Kopf zu stellen, ohne darauf gleich mit einer
Geschichte des Erfolgs oder Misserfolgs zu antworten.
In Oberhausen beschäftigt sich ein Theaterprojekt mit den
Extremgruppen unserer Gesellschaft und stellt fest: So
diametral, wie sich Links- und Rechtsradikale gegenüber stehen,
so viele Ähnlichkeiten tun sich zwischen den Feinden auf.
Das Stück "Angst und Abscheu in der BRD" führt die Ergebnisse
von Sozialrecherchen vor, ohne daraus feststehende Urteile
abzuleiten. Die Ergebnisse selbst entlarven Lücken und Abgründe
in unserer Gesellschaft und sind damit erschreckend genug.
In Rostock bemüht sich Deutschlands Hoffnungsträger unter den
Theaterautoren, Oliver Kluck, darum, das Theater, die Stadt und
aktuelle Themen einander so nahe wie möglich zu bringen. Mit
dem Theaterprojekt
"Über die Möglichkeiten der Punkbewegung"
sucht er nach den verborgenen revolutionären Kräften in einer Großstadt.
Das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin findet, der
Theaterbesucher sollte die Massenkultur nicht länger ignorieren,
gemeint ist natürlich das Fernsehen in seiner höchsten
Einschaltquote. Wer sich konsequent an Doku-Soaps und Talentshows
vorbei zu Arte oder 3Sat zappt, soll nun im Schweriner Theater
ein Bühnenstück sehen, in dem das dramatische Potential besagter
TV-Programme ausgelotet wird.
"Deutschland sucht das Suppenhuhn"
verspricht einen Blick hinter die Kulissen und in das Wohnzimmer
des vermeintlich kulturarmen Durchschinittsbürgers.
Der ganz große Infragesteller der nationalen Theaterlandschaft
war schon immer die Volksbühne Berlin und sie ist es auch in
dieser Spielzeit wieder. Jetzt, wo es scheinbar immer unklarer
wird, welche politische Haltung noch vertretbar und was überhaupt
noch spielbar ist, kann zu Recht gefragt werden, wofür Theater
überhaupt noch gut ist. Theater-KollektiveWährend auf der Bühne die Bedeutsamkeit des Einzelnen wieder zum beliebten Thema wird, tauchen in der Theaterlandschaft immer mehr "Kollektive" auf. Ihre Einzelakteure verzichten teils vollkommen auf persönliche Namensnennung. Wir stellen drei davon vor, und verraten, wer dahinter steckt.
Studio Braun und das Spaßtheater
Inszenierte Realität mit dem Rimini Protokoll
Selbstinszenierung mit dem Back to Back Theatre Einzeltäter
Trotz neuerem Hang zum Kollektivismus, was wäre das Theater
ohne seine schillernden Persönlichkeiten? Einer davon ist
sicher Leander Haußmann, der als Intendant in Bochum für viel
Diskussion gesorgt hat und dessen Inszenierungen ebenso bejubelt
wie verteufelt wurden, bevor er sich in den letzten Jahren
erfolgreich dem Film gewidmet hat. (u.a. "Sonnenallee" und
"Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe")
Nun hat er einen Ibsen an der Berliner Volksbühne inszeniert.
Einen Skandal gab's deshalb nicht. "Nachtkritik" beschreibt
die Inszenierung als leises doch spannendes Stück, das viel
"Biedermeier atmet".
Der Kabarettist Rainald Grebe ist Kult, und das Leipziger
Centraltheater ist Grebes feste Wirkungsstätte geworden.
Seine letzte Inszenierung "WildeWeiteWeltSchau" ist nun auch
von der Kritik einhellig gefeiert worden. Die lobt seine
Bühnenreise durch erste, zweite und dritte Welten und bescheinigt
dem vermeintlichen Blödelbarden, dass er durchaus großes Theater
machen kann. Für das Ende der Spielzeit wird ein neues Grebe-Stück
versprochen. Bis dahin ist die WWW-Schau im aktuellen Spielplan. MusiktheaterDie Opernhäuser Deutschlands arbeiten alljährlich mit guter Qualität, die Spielpläne repräsentieren wie eh und je die großen klassischen Komponisten des Genres. So bringt die Oper München gleich mehrere neue Wagner-Inszenierungen ins Repertoire. Auch international hat Deutschlands Musiktheater den Ruf, allzu konventionell zu sein. Einige Häuser zeigen dennoch den deutlichen Willen zur Innovation.
So etwa das Opernhaus Bonn. Mit dem Rockmusical Hair dürfte es
ihm wohl gelingen, auch das jüngere Publikum ins Haus zu locken.
Und Theaterbesucher mit intellektuellem Anspruch dürften sich
für die neue Oper "Bluthaus" erwärmen. Hier gehen moderne
atonale Kompositionen mit dem expressionistischen Libretto
des österreichischen Autors Händl Klaus einher.
In Köln verlässt die Oper ihren Stammsitz und zieht in die
Stadt. Unter dem Motto "Oper in Bewegung" wird Puccinis
"Tosca" erstmals in der "Oper am Dom" aufgeführt und das
Oberlandesgericht wird zur Spielstätte für Mozarts
Gerechtigkeitsoper "Die Milde des Titus". In Hamburg wurden Filmstars für die neue Spielzeit verpflichtet. Am ersten April 2012 wird Mozarts "Don Giovanni" unter der Regie von Filmregisseurin Doris Dörrie Premiere haben. Zuvor, am 4. Dezember, erklingt eigens für Hamburg komponierte Musik zum Ballett-Abend Liliom. Die Musik stammt aus der Feder des oskarprämierten Filmmusikers Michel Legrand. Regie hat, wie immer, John Neumeier, dessen Ballett-Abende seit Jahren zu nahezu 100 Prozent ausverkauft sind und zu den Kulturmagneten der Hansestadt gehören. Frankfurt am Main, das seit Jahren den Titel für das beste deutsche Opernhaus nach Hause holt, überrascht sein Publikum mit der französischen Opernkomödie "L’Étoile", eine witzige Geschichte, die in einfallsreichen und sehr abwechslungsreiche Kompositionen umgesetzt wurde. Die lustvolle Inszenierung vom Broadway-erprobten Regisseur David Alden dürfte so manchem Opernliebhaber eine Reise nach Frankfurt wert sein. Die genannten Aufführungen sind natürlich längst nicht alle Neuigkeiten, die in dieser Spielzeit auf die deutschen Bühnen kommen. In den Theatern in Ihrer Nähe gibt es sicherlich noch viel mehr zu entdecken. Über unsere Suchmaschine kommen Sie schnell auf die Internetseiten der jeweiligen Häuser. Wir wünschen viel Spaß beim Entdecken und spannende Theaterabende in dieser Spielzeit!
|
|